Berliner Opernpreis 2018

Prothesen der Autonomie

Eine SCI-FI Oper um die Geschichte der Oper und deren phallozentrischen Blick
Premiere
Zsófi Geréb, Regie Florence Klotz & Vanessa Vadineanu; Bühne

Wir werden Zeugen, wie SIE mittels dreier kanonischer, vorprogrammierter Heldinnen zu eigenem Bewusstsein gelangt. Durch wiederholte Software-Resets für die klassischen Rollen von Mozarts Contessa, Puccinis Butterfly und zuletzt Bergs Lulu, lernt SIE aus den Individualschicksalen dieser Heldinnen und stellt letztendlich ihr eigenes Roboterselbst in Frage. Wie wird SIE umgehen mit diesem neu erworbenen Wissen? Wie wird SIE ihr neues Narrativ konstruieren? So vielschichtig wie unsere Heldin ist auch die Musik, in Form eines schlanken und sorgfältig kuratierten Quartetts (Vln, Vlc, Akk, Synth), welches das schrittweise „Erwachen“ unserer Hauptfigur durch eine emotionsgeladene Klangwelt unterstreicht.

Im futuristischen Matriarchat des Jahres 2180 gilt Fortschritt, Sterilität und Purismus, sowie die vollkommene Autonomie von anderen Individuen als Maxime. Oberste Prämisse des Grundgesetzes ist der Schutz der psychischen und emotionalen Unversehrtheit. Verletzungen und Belastungen müssen radikal verhindert werden.

Der alte Opernkanon, der eben für solches Leiden kathartische Erfahrungen bereithält, wird jedoch trotzdem fortwährend inszeniert, um Momente von Eskapismus zu schaffen und das nostalgische Zitat und romantischen Narzissmus zu zelebrieren. SIE ist ein Performing-Robot – programmiert von der „Gewerkschaft zur Verhinderung emotional belastender Arbeiten“, um Frauenrollen alter Opern zu verkörpern.

Neuköllner Oper
2018
Mezzosopran + Vln, Vlc, Accordion & Synth
40 Min
Text: Franziska vom Heede Constanze Jader + LUX:NM + Sebastian Berweck